Fragen und Antworten rund um HVO 100

 

F: Welchen Einfluss hat HVO 100 auf den CO2 Fußabdruck?

A: Der CO2 Fußabdruck reduziert sich „well to wheel“ um mindestens 90%

 

 

 

F: Warum denn nur 90% und nicht 100%?

A: Im Herstellungsprozess der Hydrierung wird bis jetzt noch kein regenerativ hergestellter Wasserstoff verwendet. Auch der Transportweg kann noch nicht 100% klimaneutral dargestellt werden. Es ist aber absehbar, dass HVO in Zukunft ein 100% klimaneutraler Kraftstoff ist und somit den klimaneutralen Betrieb eines Dieselmotors möglich macht.

 

 

 

F: Was heißt eigentlich „well to wheel“?

A: das ist ein Begriff, der in der in der sogenannten „life cycle analysis“, kurz „LCA“ verwendet wird, also der Analyse aller Emissionen, die während Herstellung, Nutzung und Verschrottung eines Autolebens entstehen.

 

Es gibt dabei folgende Begriffe:

 

Cradle to Cradle, also von der Wiege zur Wiege, das ist die ehrlichste, weil vollumfängliche Betrachtung aller entstehenden CO2 Emissionen, von der Rohstoffgewinnung über Herstellung bis zur Wiederaufbereitung des Recyclingmaterials nach der Verschrottung, inklusive der Herstellung des Energieträgers.

 

Cradle to Grave,  von der Wiege bis zur Verschrottung

 

Und dann gibt es noch folgende Analysen der Nutzungsphase, also ohne Fahrzeugherstellung und Verschrottung:

 

Well to Wheel, vom Bohrloch (bzw. der Stromgewinnung) bis zum Antrieb im PKW

 

Tank to Wheel, vom Tank bis zum Antrieb im PKW

 

Letztere Analyse ist die unehrlichste, weil diese die Herstellung der Antriebsenergie völlig außen vor lässt. Die Angaben von „Battery Electric Vehicles“, kurz BEV in Werbung und Herstellerangaben sind nur Tank to Wheel, folglich 0g CO2/km. Diese Angabe berücksichtigt eben nicht etwaigen Kohlestrom mit entsprechender CO2 Belastung, der ggf. in die Batterie geladen wird.

 

 

 

 

F: Warum gibt es derzeit noch so wenige Tankstellen in Deutschland, die HVO 100 verkaufen? 

A: HVO in reiner Form, also HVO 100, ist in die Norm EN15940 eingeteilt. In Deutschland dürfen nur Kraftstoffe verkauft werden, die in die Bundes-Immissions-Schutz-Verordnung, kurz BImSchV, aufgenommen wurden. Derzeit ist das nur die EN590. Das ist die Norm von dem bekannten fossilen Dieselkraftstoff B7 mit 7%  FAME (Fat-Acid-Methyl-Ester, Fettsäuremethylester, also Biodiesel der ersten Generation).

 

Die Aufnahme der EN15940 in die BImSchV obliegt dem Bundesministerium für Umwelt. Dieses weigert sich seit Jahren, egal ob vormals unter Führung der SPD oder jetzt den Grünen. Ein langjähriger Gegner für die Aufnahme war Staatsekretär Jürgen Flasbarth (SPD).

 

Die FDP konnte sich jetzt in der Ampelkoalition durchsetzen und bewirken, dass die Bundesregierung das zuständige Umweltbundesamt aufgefordert hat, die EN15940 zeitnah in die BImSchV aufzunehmen. Hoffen wir, dass Umweltministerin Lemke (Grüne) dem Auftrag jetzt auch ohne weitere Verzögerung nachgeht.

 

 

 

F: Warum ist der HVO 100 in die EN15940 eingeteilt?

A: Das liegt an der Dichte von HVO 100, die bei 775 – 785 kg/m^3 liegt. Die Untergrenze von der EN590 liegt aber bei 820 kg/m^3. HVO 100 erfüllt alle Kriterien der Norm EN590, nur die Dichte nicht, deshalb Einteilung in die EN15940 und damit derzeit kein offizieller Verkauf. Ich kann allerdings HVO innerhalb der Norm EN590 beimischen. Wenn ich einen besonders schweren fossilen Diesel selektiere, der an der oberen Dichtegrenze liegt, kann ich neben den 7% FAME noch bis zu 26% HVO beimischen. Es gibt diese Mischung als R33 Blue Diesel (R = Regenerativ, 7 + 26 =33), damit ist der maximal mögliche Anteil an HVO innerhalb der EN590 ausgereizt.

 

 

 

F: Das heißt, die Kraftstoffe können gemischt werden?

A: Ja, das ist korrekt! R33 ist quasi der Beweis dafür. Man nennt das dann einen Blend – wie beim Whisky. Der Blend besteht ja quasi auch aus verschiedenen Whiskys. Der HVO 100 ist quasi der Single Malt.

 

 

 

F: Können die Kraftstoffe durcheinander getankt werden?

A: Auch das ist richtig. Wenn kein HVO 100 zur Verfügung steht, dann kann fossile Kraftstoff getankt werden. Eine Reinigung oder eine Spülung des Tanks oder Kraftstoffanlage ist nicht nötig!

 

 

 

F: Welche Vorteile gibt es?

A: 

- 90% weniger CO2 Fußabdruck, Aussicht auf 100%

- der Motor läuft leiser

- besseres Kaltstartverhalten

- Kraftstoff ist viel sauberer und ohne Aromaten, HVO ist wasserklar und riecht kaum

- Hände werden beim Tanken nicht mit Dieselgeruch kontaminiert

- verbrennt sauberer mit weniger Rußentwicklung, dadurch weniger Partikelfilterregenerationen

- auch weniger sonstige Emissionen im Rohgas vor Abgasreinigung, wie Stickoxide zum Beispiel. Bei modernen EU6 Dieseln ist das aber kaum messbar, da die Abgasreinigung sehr effektiv ist. Bei älteren Dieseln ist das aber durchaus eine Verbesserung

Standheizung riecht nicht nach Diesel. Ich betreibe im Wohnwagen übrigens auch meine sog. China-Standheizung damit, keine Geruchsbelästigung mehr.

-keine Dieselpest, d.h. HVO ist sehr lange lagerfähig. D.h. insbesondere optimal für Fahrzeuge, die selten bewegt werden oder nur saisonal benutzt werden, wie z.B. Wohnmobile, Oldtimer, Fahrzeuge für Militär, Katastrophenschutz oder Feuerwehr, Notstromgeneratoren. Oder eben als Notvorrat für einen Katastrophenfall.

- HVO 100 ist weitgehend wasserneutral.

 

 

 

F: Warum läuft der Motor offensichtlich leiser und geschmeidiger?

A: Dieselkraftstoff der Norm EN muss mindestens die Cetanzahl 51 haben. Die Cetanzahl drückt die Zündwilligkeit des Dieselkraftstoffes aus. Ein Dieselmotor ist ja ein sogenannter Selbstzünder, bei dem durch Komprimierung der Luft im Zylinder diese so heiß wird, dass sich der eingespritzte Dieselkraftstoff ohne externe Zündquelle im Brennraum selbst entzündet. Die Cetanzahl des HVO ist aber deutlich höher und liegt bei 70, manchmal sogar 80. HVO ist demnach also noch zündwilliger, zündet früher. Es gibt weniger Zündverzug und die Verbrennung läuft nicht schlagartig, was das typische Nagelgeräusch verursacht, sondern zeitlich etwas vorgezogen harmonischer ab. Der Motor läuft leiser und geschmeidiger. Durch die hohe Cetanzahl begünstigt auch das Kaltstartverhalten bei niedrigen Außentemperaturen.

 

 

 

F: Wo sind die Nachteile?

A: HVO 100 kostet derzeit etwa 15 bis 20 ct/Liter mehr. Gemessen an den Vorteilen für den Klimaschutz und den aufgezählten technischen Vorteilen ist mir persönlich der Aufpreis aber jeden Cent wert. Nochmal: HVO 100 ist der hochwertigste und beste Dieselkraftstoff, den man tanken kann. Es ist ein Premiumkraftstoff! Ärgerlich ist allerdings, dass HVO 100 voll besteuert wird, also auch mit der vollen Energiesteuer. Würde diese entfallen, dann wäre HVO 100 günstiger als fossiler Diesel!

 

 

 

F: Weitere Nachteile?

A: Durch die jahrelange Blockade des Umweltministeriums ist der Kraftstoff noch nicht flächendeckend erhältlich, das ist ärgerlich aus zwei Gründen: erstens ist das verhinderter Klimaschutz und zweitens wird den Dieselfahrerinnen und Dieselfahren das bessere und hochwertigere Produkt vorenthalten. Damit bin ich nicht einverstanden!

Zudem sind noch nicht alle Fahrzeughersteller soweit und haben offizielle Freigaben erteilt. Bei Nutzfahrzeugen ist das anders, alle bekannten LKW-Hersteller haben XtL Kraftstoffe der Norm 15940 freigegeben. Einige PKW Hersteller ebenso, wie z.B. Neufahrzeuge von Audi, Volkswagen und BMW. Mercedes hat einige Modelle freigegeben, auch einige Modelle von Ford und französischen Herstellern. Man muss das dann bitte selber erfragen bzw. wenn man in der Bedienungsanleitung oder in der Tankklappe den Hinweis XtL und oder EN15940 findet, ist man im Rahmen der Herstellergarantie. Da diese aber nur zwei Jahre gültig, obliegt es einem selber, ob man danach den Kraftstoff tanken möchte. Ich mache es wie gesagt seit 4 Jahren und bald 50.000 km. Und viele tausend Besitzer insbesondere in Skandinavien tun das schon seit vielen Jahren. Mir sind keine Ausfälle bekannt, wenn es doch welche geben sollte, führe ich die eher auf Vorschäden zurück.

 

 

 

 

F: Reicht der Schwenk auf Elektromobilität aus, um den Sektor Verkehr zu defossilisieren und die Klimaziele zu erreichen?

 

A: Definitiv nein! Diese Tage hat das Kraftfahrtbundesamt seine Jahresstatistik für das Jahr 2022 veröffentlicht:

 

Bestand PKW in Deutschland:         48,8 Mio

Bestand BEV:                                     1 Mio, das sind gerade einmal 2%, davon wurden 400.000 im Jahr 2022 neu zugelassen (von 2,6 Mio. insgesamt)

 

Ziel sind bis zum Jahr 2030 15 Mio. BEV. Bleiben also noch 8 Jahre für die fehlenden 14

Mio BEV. Wir müssten also ab diesem Jahr im Schnitt jedes Jahr 1,75 Mio. BEV neu

zulassen, im das Ziel zu erreichen, also über die 4-fache Stückzahl vom vergangenen

Jahre. Ich habe starke Zweifel, dass dieses Ziel erreicht wird.

 

Auf der anderen Seite haben wir aber auch noch knapp 30 Mio. Diesel PKW im Bestand

 

und es werden ja immer noch welche gebaut und zu den PKW kommen ja noch LKW, Baumaschinen etc. hinzu. Insofern vertritt unser Verein eFuelsNow die Meinung, dass es ohne die Defossilisierung von der Bestandsflotte nicht geht und die Fokussierung auf Elektromobilität nicht ambitioniert genug ist. Die Bahn hat das übrigens jetzt auch verstanden und setzt HVO 100 in ihren Dieselloks ein. Da ja nicht das gesamte Streckennetz elektrifiziert ist, spielen Dieselloks bei der Bahn immer noch eine wichtige Rolle und diese werden zunehmend mit HVO 100 betankt – ebenfalls ohne Umbau oder Umrüstungen.

 

 

 

F: Reichen denn die vorhandenen Mengen an HVO aus, um den ganzen Bestand in Europa künftig zu versorgen?

A: Nein, die reichen nicht aus. Grüner Strom reicht aber leider auch nicht aus, damit alle damit fahren können. Insofern plädieren wir dafür, alle möglichen Hebel zur Defossilisierung anzuwenden, die wir haben: also elektrische Antriebe, regenerative Kraftstoffe, künftig darunter auch e-Fuels und womöglich auch verstärkter Einsatz von Wasserstoff.

 

 

 

 

Fazit:

 

HVO 100 ist ein hochwertiger Premiumkraftstoff, der die Bestandsflotte mit Dieselfahrzeugen erheblich defossilisieren kann. Dass diese Kraftstoffe von Teilen der Politik, von NGO’s, Thinktanks, einigen Wissenschaftlern und Lobbyisten versucht werden zu verbieten, das ist verhinderter Klimaschutz, weil offensichtlich der Wille fehlt anzuerkennen, dass sich Verbrennungsmotoren klimaneutral betreiben lassen. Eine gute Technologie, die für viele Menschen bezahlbare und zuverlässige Mobilität bedeutet, soll aufgegeben werden, mit derzeit unabsehbaren Folgen für individuelle Mobilität der Menschen und das Transportwesen. Gleiches gilt für den Katastrophenschutz, Feuerwehren, Landwirtschaft und Militär. Es geht auch um Arbeitsplätze in der Autoindustrie, den Zulieferern und in den Werkstätten.


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